S E X I S T N I C H T P R I V A T

Eine Gesellschaft muss sich immer daran bemessen lassen, wie die sexuellen Energien seiner Mitglieder kanalisiert werden.

 

Spätestens seit Luther bestimmt ein Narrativ (Geschichte) unser Verhalten zur Sexualität, welches da lautet: ‚Sex ist privat‘

Am Herzen dieses Narratives liegt die Urszene des abgedunkelten Schlafzimmers, in denen sich Ehemann und Eheweib einander unter der Denke schamhaft begegnen.

Aber Sex ist nicht privat. Ganz im Gegenteil, er ist notwendigerweise sozial und ein soziales Gut.

Durch Sex als sozialem Gut können wir nur als Spezies fortbestehen.

Durch Sex als sozialem Gut entstehen unsere soziale Lebenswirklichkeit, soziale Bewegungen, Mode und Zeitgeist.

Durch Sex (und damit Lebensvitalität) als sozialem Gut entsteht überhaupt das Bedürfnis des Individuums, mit der Kultur zu interagieren.

Doch obwohl Sex – und besonders der sexuelle Akt – ein soziales Gut ist, ist er nicht mehr Teil der sozialen, der öffentlichen Sphäre.

Durch diese Spaltung entstehen soziale Pathologien.

Das Narrativ, das Sex privat sei, führt dazu, dass Sex als sozialem Gut knapp wird.

Und in einer Gesellschaft, in der Sexualität knapp ist, floriert Pornografie und Prostitution.

In einer Gesellschaft, in der Sexualität knapp ist, floriert die Geldwirtschaft und das Statusdenken.

In einer Gesellschaft, in der Sexualität knapp ist, floriert Scham, Furcht und Ausgrenzung.

In einer Gesellschaft, in der Sexualität knapp ist, ist auch die Wertschätzung für die Bedingungen des Lebens knapp.

Will man eine Gesellschaft erzeugen, in der es keine Prostitution, keine ungerechte Wirtschaft, Schamlosigkeit und Umweltverschmutzung gibt, oder nur als marginales Randphänomene, muss man die Sexualität in die öffentliche Sphäre überführen.

Dies können aber nicht die ‚Männer‘ tun, denen der Generalverdacht des patriarchalen, sexistischen Denkens die Hände bindet.

Dies muss eine neue Generation von ‚Frauen‘ sein, die sich ihre Rechte nehmen, wo auch immer sie wollen.

Sie müssen aufs Neue die Regeln bestimmen, nach denen unsere öffentliche Lebenswirklichkeit gestaltet wird. Die ‚Männer‘ werden Ihnen folgen.

So müssen es also die Frauen, sein, die Sex und besonders den sexuellen Akt zurück in die soziale Sphäre bringen.

So ist es ihre Verantwortung, die natürliche Wertschätzung für alles Leben, für die Schönheit und die Wahrheit zurück in die soziale Sphäre zu bringen.

Es liegt in ihrer Verantwortung, das Leben und die Vitalität des Lebens zu zelebrieren.

Es liegt in ihrer Verantwortung, ein neues Narrativ in der Wirklichkeit umzusetzen, sei es mit öffentlichen Häusern, in denen das Leben und die Sexualität zelebriert werden kann, und Mann wie Frau - ob verheiratet oder nicht, ob schwul, lesbisch, transgender, monogam, polyamor oder was auch immer – einander ohne Scham und im Lichte ihres wachen Bewusstseins begegnen können. Oder sei es mit Zentren, in denen die jungen Mitglieder unserer Gesellschaft sowohl verantwortungsbewusst als auch verspielt in die heilige Sexualität des Lebens eingewiesen werden können.

Es liegt in der Verantwortung dieser neuen Frau, ein neues Narrativ zu zelebrieren, was da lautet:

SEXUALITÄT IST ÖFFENTLICH.

Wir stehen am Anfang einer neuen Zeit, indem wir das Alte integrieren können, ohne es zu unterdrücken. Wir benötigen eine Gesellschaft, in der sie ihre eigenen Grundbedingungen würdigen kann als als das, was sie eigentlich sind. Sexualität als Grundlage des Lebens und der Gesellschaft ist nicht Spaßkultur oder egoischer Hedonismus. Sie ist der gemeinsame Ausdruck der Freude und Vitalität und Ekstase des Lebens und des gemeinsamen Leben-könnens.

Tom Amarque2 Comments